Schienenverkehrslärm

Vom Schienenverkehrslärm fühlt sich in Rheinland-Pfalz 2008 etwa jede 25. Person (3,7 %) stark oder äußerst gestört und belästigt (bundesweit 3,2 %). Andererseits sind 84,9 % der Bevölkerung überhaupt nicht von Bahnlärm berührt (bundesweit 76,4 %). Hinsichtlich des Anteils der hoch Belästigten in der Bevölkerung steht der Schienenverkehr (3,7 %) nach Strassen- (10,3 %) und Luftverkehr (12,2 %) in Rheinland-Pfalz als Verursacher an dritter Stelle.

Güterzugverkehr in der Nacht kann besonders störend sein. Davon sind in Rheinland-Pfalz z.B. Anwohner der Moselbahnstrecke und der Rheinstrecke betroffen.

10-Punkte-Programm Leises Rheintal

Die Umwelt- und Verkehrsminister von Rheinland-Pfalz und Hessen haben am 25. Februar 2010 nach einem Dialog mit den Bürgerverbänden im Mittelrheintal ein gemeinsames 10-Punkte-Programm Leises Rheintal  verabschiedet. Die Maßnahmen darin richten sich vorwiegend an den Bund, der für die Vermeidung von Lärm und Erschütterungen durch die Schienenstrecken des Bundes verantwortlich ist (Veröffentlichung zum Hintergrund, Quelle: Zeitschrift für Lärmbekämpfung).

Die Presseerklärung hierzu finden Sie hier.

Informationen zum Gesundheitlichen Umweltschutz in Bezug auf das Thema Bahnlärm finden Sie hier.

Befragung zur Belästigung durch Bahnlärm im Mittelrheintal und im Rheingau/Rheinhessen

Im Mittelrheintal liegt die Belästigung durch Lärm und Erschütterungen extrem hoch, wie die Studie „Befragung zur Belästigung durch Bahnlärm im Mittelrheintal und im Rheingau/Rheinhessen-Zwischenbericht“ vom Dezember 2010 zeigt: Im Mittelrheintal sind 45,1 % durch Lärm (vgl. 3,2 % in Deutschland) und 15,0 % durch Erschütterungen hoch belästigt. Von den Befragten haben 10,9 % Anspruch auf Schallschutzfenster. Es berichten 22,0 % über starke oder äußerste Einschlafstörungen, 20,4 % über Durchschlafstörungen und 17,8 % über Störungen auszuschlafen. Im erweiterten Untersuchungsraum Rheingau/Rheinhessen ist die Lärm- und Erschütterungsbelastung geringer, gleichwohl noch sehr hoch. (Veröffentlichung, Quelle: Zeitschrift für Lärmbekämpfung).

Lärmpegel

Die Lärmpegel (Geräuschpegel) können in der Nähe der Eisenbahnstrecken sehr hoch sein. Dies zeigen z.B. Ergebnisse der Lärmkartierung an den Haupteisenbahnstrecken des Bundes (Berechnung nach europäischer Umgebungslärmrichtlinie) und Messungen des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal.

Bahnlärmmessstation in Oberwesel / Bahnlärmmonitoring

Das Landesamt für Umwelt (LfU) betreibt im Auftrag des Umweltministeriums seit Oktober 2010 in Oberwesel eine Messstation zur Ermittlung des Schienenverkehrslärms, die die Lärmbelastung differenziert einschließlich der Geräuschspitzen erfasst. Die Spitzenpegel bei Zugvorbeifahrten liegen typischerweise zwischen 95 und 100 dB(A), einzelne Pegelspitzen übersteigen 100 dB(A). Über die ganze Nacht betrachtet werden Mittelwerte von 72 bis 75 dB(A) erreicht.

Messergebnisse sowie weitere Informationen finden Sie hier beim LfU.

Darüber hinaus setzt sich das Umweltministerium Rheinland-Pfalz seit Jahren für ein bundesweites flächendeckendes Monitoring des Schienenverkehrslärms ein. Hierzu wurde am 09.10.2014 ein Technikworkshop veranstaltet, dessen Ergebnisse hier abrufbar sind. Eine Veröffentlichung zum Monitoring von Schienenverkehr in der Zeitschrift für Lärmbekämpfung ist hier abrufbar.

Lärm- und Erschütterungsmessungen

Erschütterungsmessungen des Landesamtes für Umwelt (LfU) vom Mai und Juni 2011 in Wohnhäusern in Osterspai und Boppard zeigen, dass  im Mittelrheintal nicht nur die Belastung der Bevölkerung durch Lärm, sondern lokal auch die Belastung durch Erschütterungen deutlich zu hoch ist:  Die in den beiden Wohngebäuden festgestellten Beurteilungs-Schwingstärken von 0,11 und 0,23 überschritten den bei oberirdischen Schienenstrecken zuläs­sigen Anhaltswert von 0,07 bis zum dreifachen. Die Messberichte finden Sie hier: Osterspai / Boppard.  Diese Ergebnisse werden auch durch Messungen des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) bestätigt.

Im Jahr 2012 an 10 Standorten durchgeführte Erschütterungsmessungen durch ein unabhängiges Ingenieurbüro lieferten ein anderes Ergebnis: Hier wurden in neun von zehn Fällen die Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 und 3 zur Einwirkung von Erschütterungen auf Menschen in Gebäuden sowie auf bauliche Anlagen eingehalten. Lediglich an einem Ort wurden deutliche Überschreitungen festgestellt, die vermutlich auf einen optisch sichtbaren Spalt in der Gleisverbindung zurückzuführen waren. Den Messbericht finden Sie hier.

Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen, dass das Ausmaß von Erschütterungen lokal sehr unterschiedlich sein kann.

Mit den Erschütterungsmessungen wurden an den 10 Standorten auch die Lärmpegel im Außenbereich sowie innerhalb der Gebäude ermittelt. Außen wurden Spitzenpegel von bis zu 106 dB(A) im Inneren von bis zu 71 dB(A) erreicht. Die Mittelungspegel erreichten Werte von 83 dB(A) (außen) und 45 dB(A) innen. Sämtliche Spitzenpegel lagen über 84 dB(A), im Inneren über 50 dB(A). Den detaillierten Messbericht finden Sie hier. 

Mittelrheintal-Bahnlärmindex

Umweltministerin Ulrike Höfken und ihre hessische Amtskollegin Lucia Puttrich haben am 27.2.2012 in Bingen den Mittelrheintal (MRT)-Bahnlärmindex vorgestellt. Der zweiteilige Index ist Teil des 10-Punkte-Programms „Leises Rheintal“ und bildet Belästigungen („Belästigungsindex“) und Schlafstörungen („Aufwachindex“) durch Bahnlärm im Mittelrheintal zwischen Koblenz und Bingen/Rüdesheim („Perimeter 1“) und in Rheinhessen/Rheingau („Perimeter 2“) ab.
Aufbauend auf die oben dargestellte wissenschaftliche Befragung ergibt die akustische Berechnung, wie hoch der Belästigungsgrad und das Ausmaß der Schlafstörungen in den einzelnen Kommunen ist. Für die Lärmbelästigung am Tag sind dabei die Mittelungspegel, für die Störung des Schlafes die Spitzenpegel der einzelnen Zugvorbeifahrten maßgeblich.
Der MRT-Bahnlärmindex für den Tag („Belästigungsindex“) kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen, je höher der Wert, desto höher ist die (relative) Zahl der hoch Belästigten. Im Mittelrheintal beträgt der Belästigungsindex 0,27, d.h. 27 % der Personen sind hoch belästigt. Der Index für die Gemeinden in Rheinhessen und im Rheingau beträgt im Mittel 0,14.
Der Wert für den „Aufwachindex“ ist im Mittelrheintal „9,6“, d.h. es kommt zwischen Koblenz und Bingen/Rüdesheim im Mittel zu 9,6 bahnlärmbedingten Aufwachreaktionen. Der Wert des „Aufwachindex“ in Rheinhessen und im Rheingau beträgt 6,5..
Die Lärmbeeinträchtigungen sind rechtsrheinisch in der Regel höher als linksrheinisch.
Die Wirksamkeit von Lärmschutzmaßnahmen lässt sich damit genauer als bisher berechnen. Dazu lässt sich mit dem Belästigungs- bzw. dem Aufwachindex jeweils berechnen, wie viele Menschen durch einzelne Maßnahmen konkret entlastet werden können und wie die Nachtruhe am besten geschützt werden kann.
Testberechnungen zeigen, dass glatte Gleise zusammen mit einer 95-prozentigen Umrüstung der Güterwagen von Graugussbremsen auf „Flüsterbremsen“, sogenannte „K- und LL-Sohlen“, den Lärm um 8,4 dB(A) reduzieren. Durch eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 Stundenkilometer für Güterzüge in Ortslagen kann der Lärm spürbar um 3,1 dB(A) gesenkt werden. Durch die Kombination beider Maßnahmen wird die Anzahl der hochgradig Lärmbelästigten halbiert.

Philipp Wälterlin, Bundesamt für Verkehr (BAV, Schweiz) kommt zu dem Schluss, die Bevölkerung gewinnt man, wenn man sie schlafen lässt.

Resolution gegen Bahnlärm im Mittelrheintal

Im Dezember 2012 haben die Umwelt- und Verkehrsminister von Hessen und Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit den Bürgerinitativen eine an Bahn und Bund gerichtete Resolution verabschiedet, mit der aufbauend auf das 10-Punkte-Programm Leises Rheintal weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Bahnlärm gefordert wurden. Diese betreffen beispielsweise nächtliche Geschwindigkeitsbeschränkungen sowie ein Durchfahrtverbot lauter Güterzüge ab spätestens 2020. 

Lärmsanierungsprogramm an Bundesschienenwegen

Informationen zum Lärmsanierungsprogramm an Bundesschienenwegen erhalten Sie hier. Jährlich stehen 100 Mio. EURO des Bundes zur Lärmsanierung zur Verfügung. Von 1999 bis 2009 wurden von den vom Bund bereit gestellten 733 Mio. EURO zur Lärmsanierung im Streckennetz 475 Mio. EURO eingesetzt. Nicht abgerufene  Beträge verfallen am Ende des Haushaltsjahres (BR-Drs. 17/2308 von 28.06.2010).

Aufwachreaktionen

Eine Analyse von experimentellen Studien (Labor- und Feldstudien) zeigt, dass Schienenverkehrslärm zu signifikant höheren Aufwachwahrscheinlichkeiten führt als Fluglärm. Bei Güterzügen sind dabei die Aufwachwahrscheinlichkeiten deutlich höher als bei Personenzügen (bei gleichen Pegelwerten). Zwischen Bahnlärm und Straßenverkehrslärm wurden andererseits keine signifikanten Unterschiede gefunden. Die Studie der Deutschen Luft- und Raumfahrtgesellschaft (DLR) viom 15.09.2010 finden Sie hier.

Durchfahrtsbeschränkungen für laute Güterzüge im Mittelrheintal

Nächtliche Geschwindigkeits- oder Durchfahrtsbeschränkungen für laute Güterzüge im Mittelrheintal sind grundsätzlich sowohl mit dem europäischen als auch mit dem deutschen Recht vereinbar. Dies ist das Ergebnis eines vom Umweltministerium in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens, das am 6. März 2014 von Umweltstaatssekretär Thomas Griese und Infrastrukturstaatssekretär Günter Kern vorgestellt wurde.

Weiterführende Informationen